Vor ein paar Tagen erhielt ich einen Telefonanruf von Herrn M. aus Hameln. Er habe einen Hobby 600, mit dem er viel Freude hatte, der jetzt aber ganz schnell weg müsse, da er Ärger mit der Hausverwaltung habe. Ob ich nicht jemanden für das Fahrzeug wüsste. So entwickelte sich ein Gespräch, aus dessen Verlauf ich erfuhr, dass Herr M. schon weit über 70 Jahre ist, im letzten Jahr einen Unfall hatte und seitdem nicht mehr mit dem Wohnmobil fahren kann. Das Fahrzeug steht seit November 2011 abgemeldet auf dem Gemeinschaftsparkplatz der Wohnanlage und jetzt haben die lieben Nachbarn sich bei der Wohnungsverwaltung beschwert und diese habe ihm eine Frist von einer Woche gesetzt.
Herr M. hat selber kein Internet, ist aber über eine Bekannte auf meine Seite aufmerksam gemacht worden, da er selber Oldtimer restauriert hat und weiß, das sich die Szene über das Netz austauscht. Ich ließ mir ein paar Daten zu dem Fahrzeug durchgeben – Bj. 1986, 260.000 km, 2,5 D und HU bis 07/12 - und telefonierte bzw. mailte ein paar Leute an, von denen ich aus dem Forum wusste, dass sie einen 600er suchten. Spätestens bei dem Punkt „schick mir doch mal ein paar Bilder“ brach das Interesse ab, da Herr M. keine hatte bzw. auch nicht mailen konnte. Leider meldete sich auf meine Anfrage im Forum auch niemand, der das Fahrzeug kurzfristig übernehmen wollte.
So beschloss ich, mit meiner Frau am darauffolgenden Wochenende einen Ausflug an die Weser zu machen (wir waren ja lange nicht mehr da) und mir das Fahrzeug selber anzuschauen.
Herr M. begrüßte uns mit einem ganzen Ordner voller Dokumente und Rechnungen. Der Hobby 600 wurde im Juli 1986 zum ersten Mal in Puchheim zugelassen. Der erste Halter fuhr ihn bis 1993; dann begann die Odyssee. Bis 2003 wurden fünf weitere Halter in den Brief eingetragen. Der Hobby 600 hatte seinen „Wohnsitz“ in München, Gelsenkirchen und Lilienthal, bevor Herr M. ihn im Juni 2003 mit einem km-Stand von 156000 für 9000 € in Habichtswald von Privat erwarb.
Seitdem hat Herr M. einiges an Reparaturen am Fahrzeug ausführen lassen und in besagtem Ordner fein säuberlich dokumentiert. Zeitgleich fanden in seinem Privatleben auch ein paar gravierende Veränderungen statt, sodass er 2 Jahre nur mit dem Wohnmobil unterwegs war. Nur mit seiner alten Husky-Hündin folgte er dem 38sten Breitengrad und umquerte in dieser Zeit die Welt. Der Hobby 600 hat also schon einiges erlebt und viele Erinnerungen hingen für Herrn M. an dem Fahrzeug. Deshalb wünschte er sich auch, dass er in gute Hände kommt.
Die Besichtigung verlief dann aber nicht so erfreulich. Das Basisfahrzeug hatte die für das Alter typischen Roststellen. Praktisch musste der gesamte Vorderwagen geschweißt werden. Die Türen waren durch und auch im hinteren Radlauf ließ sich das Blech mit bloßen Fingern eindrücken. Ganz geknickt war Herr M. aber, als ich ihm mit meinem Feuchtigkeitsmessgerät zeigte, dass die rechte Seitenwand im Bereich des Kleiderschranks zu 100% Feucht war. Dieses Fahrzeug konnte ich mit ruhigem Gewissen keinem Käufer empfehlen bzw. verkaufen. So leid es mir tat, ich konnte Herrn M. nur raten, das Fahrzeug in Hameln verschrotten zu lassen. Auch als er mir anbot, mir das Fahrzeug zu schenken, war ich im ersten Moment nicht sonderlich begeistert. Zwar hätte es mich gereizt, mal eine Autopsie an einem Hobby 600 durchzuführen, aber ich wollte demnächst wegfahren und dazu kam, das ich bei uns zu Hause keinen Platz zum Abstellen mehr habe.
Da kam mir die Idee mit dem Hobbytreiber. In ein paar Telefongesprächen wurde ein Stellplatz gefunden und auch die Autopsie beschlossen. Ich ließ mir von Herrn M. noch einmal versichern, dass der Hobby fahrbereit war (war er natürlich erst nach dem Wechseln der Starterbatterie) und fuhr mit meiner Frau zum Übernachten auf den Stellplatz in Rinteln.
Am nächsten Tag besorgten wir uns beim Straßenverkehrsamt in Hameln Kurzzeitkennzeichen und holten den Hobby 600 bei Herrn M. ab. Nach einer Nacht drüber schlafen hatte er sich schon damit abgefunden, dass sein Wohnmobil nicht wieder hergerichtet werden würde. Trotzdem blickte er uns wehmütig nach, als wir den Parkplatz verließen. Die Nachbarn freuten sich aber sehr offensichtlich!
Die Fahrt von Hameln zum letzten Parkplatz in die Nähe von Osnabrück endete übrigens fast unplanmäßig. Nach ein paar Kilometern bemerkte ich einen komischen Geruch und kurz danach Qualm aus dem Armaturenbrett aufsteigen. Ich hatte schon die Bilder von Sannelyns brennenden Hobby 600 vor Augen, als ich registrierte, dass das Heizungsgebläse auf Stufe 2 stand und ich aber nichts hörte. Der Motor saß wohl fest. Also Gebläse schnell abstellen und alles nochmals kontrollieren: Glück gehabt!
Die letzten 150 km des Hobby 600 brachten für mich noch ein paar Erkenntnisse über Getriebe und Motor …. und die Funktionstüchtigkeit der Tankuhr. Der Hobby bekam zum letzten Mal 10 l Diesel in den Tank geschüttet und nach zwei Stunden Fahrt erreichten wir seine letzte Ruhestätte.
Am letzten Wochenende haben wir dann unseren geplanten Urlaub in Schleswig-Holstein vorzeitig abgebrochen und gemeinsam mit Manni die ersten Schritte der Autopsie durchgeführt. Auch wenn es auf einigen Fotos so aussieht, als wenn es uns Spaß gemacht hätte – es tat uns in der Seele weh; meinen 600er würde ich so nicht zerlegen können!
Ich kam mir vor wie Prof. Karl-Friedrich Boerne (…und Manni war Alberich?!) und kann Euch hier demnächst einige wichtige Erkenntnisse über den Aufbau des Hobby 600 präsentieren. Jetzt gilt es erst einmal ca. 700 Fotos zu sichten und zu beschriften. ..und die müden Knochen zu regenerieren. 2 ½ Tage Hobby 600 demontieren sind verdammt anstrengend!
Ein paar Erkenntnisse vorweg
- Mit meiner Einschätzung des Fahrzeugs lag ich richtig; es kam sogar noch schlimmer. Ich bin froh, dass ich das Fahrzeug an niemanden aus dem Forum vermittelt / verkauft habe!
- Die hintere Aufnahme der linken Blattfeder war weggerostet und die Feder wurde gar nicht mehr gehalten.
- Neben dem Wasserschaden rechts war auch die linke Wand im Bereich der Waschkabine nass.
- Die Ursachen für die Wasserschäden: Dachluke und Antennenmast!
- Das Dach ist nicht verstärkt. Es wird von Kleiderschrank, Waschkabine und den Stützen neben der Eingangstür abgestützt.
- Die Stützen rechts und links neben der Aufbautür sind von außen verschraubt und für die Stabilität von Dach und Wand zwingend erforderlich.
- Nasses Styropor ist verdammt schwer!
- Bei Verwendung eines Feuchtigkeitsmessgerätes muss man wissen, wo Schrauben und Blechstreifen verbaut sind.
- Die Waschkabine lässt sich nicht zerstörungsfrei ausbauen!
- Die Befestigung des Daches ist ein Witz. Wir wissen jetzt, warum es sich bei vielen Hobbys über dem Führerhaus anheben lässt.
- Die Durchführung der Leitungen für die Schlussleuchten durch den Boden ist quasi überhaupt nicht abgedichtet: Loch gebohrt, Kabel durch und Dichtmasse rumgeschmiert. Ergebnis: fauler Fußboden hinten in den Ecken.
- Die regelmäßige Kontrolle der Dachverbindung unter der Abdeckleiste und die Abdichtung der Dachhauben sind für jedes Fahrzeug zwingend erforderlich!
Ein ausführlicher Autopsiebericht folgt demnächst.
Ein Wort zum Schluss: um die Kosten für Überführung und Entsorgung zu decken, werde ich demnächst einige brauchbare Teile des Hobby 600 bei ebay zur Versteigerung einstellen und hier verlinken.
Nachtrag: Ich bitte dringend, von Nachfragen nach Teilen per Mail, PN oder im Forum abzusehen. Ich werde die Links im Forum einstellen, wenn die Teile in der Bucht stehen. ...es hat auch keinen Zweck, bei Manni nachzufragen!
Hinweis zum Datenschutz
Die Email-Adresse ist kein Pflichtfeld. Das Anzeigen des Feldes ist systembedingt. Wenn Du keine Email-Adresse eingibst, funktioniert das Abonnieren eines Kommentares nicht!