Wir machen in einem Dorf bei einer älteren Frau Halt. Sie sitzt auf einem Stuhl vor ihrem Haus und bietet bei der Hitze einen Becher kühles Wasser aus dem eigenen Brunnen an. Das Wasser kann man trinken. Ich will ihr eine Kleinigkeit geben, aber Swetlana rät ab. Die Frau würde es als Kränkung ansehen. Achselzuckend füge ich mich.
An noch etwas muss ich mich in der Ukraine gewöhnen. Man begrüßt hier nur den Mann mit Handschlag, die Frau nicht. Jetzt erst verstehe ich, warum Nastyas Mutter und manch andere Damen verwundert und zurückhaltend waren. Mein Anstand drängt mich nicht zu diesem Verhalten. Ich denke, ich überlasse es der Situation, aber es soll hier so Sitte sein. Wir sind durch den schlechten Straßenabschnitt gefahren und machen Halt an einem Dorfgasthaus zum Essen. Ich bestelle, na was? Ja richtig, Schaschlik vom Straßenrand. Diesmal eine neue Kreation. Ich bekomme ein ganzes Kotelett aufgespießt. Es schmeckt trotzdem.
Gegen 17:30 Uhr kommen wir an den Stadtrand von Kirowograd. Hier ist Treffpunkt mit Nil und seinem „Omnibus“. Es muss schnell gehen. Die Kinder steigen um und Nil bringt sie heim in das 25 km entfernte Velyka Vyska. Valerij hat noch einen Termin. Beide Autos sollen heute noch gewaschen werden. Vier Mann warten schon auf meinen. Er wird eingeseift und dann will er ihn mit dem Hochdruckreiniger abwaschen. Ich protestiere. Er vermindert den Druck wesentlich auf Sprühnebel. So ist es in einigermaßen in Ordnung. Für 100 Hrywnja ist er inklusive Räder wieder picobello sauber und glänzt. Aber leider nur außen. Staub ist von dem Sturm am Schwarzen Meer noch drin. Valerijs wird übrigens auch gewaschen. Wir übernachten in Valerijs Hof. Leider ist die Hitze auch in der Nacht unerträglich. Aber hier können wir wenigstens wieder alle Fenster auf lassen. Heute steht der Besuch im Waisenhaus Rivne an. Wir wollen uns persönlich davon überzeugen, was mit unseren Spenden geschieht bzw. wer es neben Valerij verwaltet. Es ist Nil. Den will ich näher kennen lernen. Es sind beide, die die Ausflüge für die Kinder besprechen und ausführen. Einen Bericht darüber habe ich ja schon separat in unser Forum gestellt.
Nil kommt wieder mit dem „Omnibus“. Über schlechte Straßen fahren wir in das 50 Kilometer entfernte Rivne. Die Straße ist eine Nebenstrecke und führt nur über Land und durch einige Dörfer.
In Rivne halten wir an einem „Magazin“, denn wir wollen doch nicht mit leeren Händen zu den Kindern kommen. Nil kauft einen Karton mit 5 Kilogramm losen Bonbons und zahlt dafür 6 Euro. Ich gebe ihm 60 Hrywnja und wir fahren damit in das Heim.
Dort werden wir schon von der Heimleiterin und den Kindern erwartet. Nil stellt mich als Initiator unserer Spende der Leiterin vor. Sie bedankte sich nochmals und die Kinder applaudierten. Etwas betreten von dem „Gedöns“ übergebe ich schnell den Karton mit den losen Bonbons. Vergriffen und gebunkert waren die gleich.
Auf die dort angetroffenen Verhältnisse möchte ich nicht näher eingehen; es widerstrebt mir, darüber zu schreiben. Im Garten rief dann Nil zu einer kurzen Andacht, es wurde gesungen, und gemeinschaftlich gespielt. Viel Sinnvolleres außer der Schule gibt es da nicht. Nil schildert uns über Swetlana, dies wäre noch ein besser geführtes Heim. Die Leiterin gebe sich große Mühe, müsse aber oft bei Anfragen und Bitten für die Kinder bei den „Oberen“ die Segel streichen. Die seien da abweisend und würden mehr auf sich schauen. Aber lassen wir das. Im Großen und Ganzen aber sei sie froh, dass die Leute im westlichen Ausland nicht gleichgültig gegenüber ihren Problemen seien und ab und zu doch bisschen etwas bei ihnen ankommt.
Im anschließenden Gespräch mit der Heimleiterin übersetzte Swetlana, das Heim brauche unter anderem noch eine neue Großküche. Ich ließ ihr übermitteln, dass ich das nicht alleine stemmen könne und verneine. Ebenso fragte sie mich, ob ihr Haus nicht mit einem Waisenhaus oder einer ähnlichen Institution Verbindung in Deutschland aufnehmen kann. Diese Frage leitete ich ebenso an Nil weiter. Nil erklärte, er wolle darüber mit Jakob von der Freien Christlichen Gemeinde in O…. diskutieren. Nach drei Stunden fuhren wir nach herzlicher Verabschiedung bedrückt und voller Gedanken die schlechte Straße nach Kirowograd zurück.
Jeder Urlaub geht einmal zu Ende. Wir haben bisher viel erlebt, aber keine Angst, es gibt noch einiges zu berichten. Heute wollen wir zu Valerijs Eltern fahren und sind damit langsam auf der Heimreise. Sie wohnen in Pereiaslav – Khmelnytskyi.
Was, Ihr könnt das nicht lesen? Dann probiert es doch mal hiermit:
Wiederum lässt die Straße viel zu wünschen übrig, speziell in der Nähe des Krementschuker Stausee bei Tscherkassy. Über diese Trasse führt die Eisenbahnverbindung Moskau - Odessa. Allein bei diesem Satz, den ich gerade geschrieben habe, bekomme ich Fernweh. Ich würde gerne mit dem Hobby nach Moskau, aber meine Frau macht da nicht mit. Wird wohl ein Wunsch bleiben. Also zurück zu der Realität und weiter fahren.
Valerij stoppt, er hat wieder Stände entdeckt. Ich will Himbeeren. Valerij, bei der Nummer 30, die hat gute. Sie hat aber nur noch einen Becher. Nachschub woher? ….von der Nachbarin natürlich. Da ist keiner Futter neidisch, die helfen unter sich….
Wir sind bei Valerijs Eltern. Nach der Begrüßung werden wir zu Tisch gebeten. Valerijs Mutter ist eine exzellente Köchin. Jetzt weiß ich, woher Valerij das hat. Aber wie immer, für mich viel zu viel. Es gibt viel mit Schmant bzw. Rahm als Beilage. Wer es will, ich habe darauf verzichtet. Es ist heiß und wir setzen uns in den
Garten. Was gibt es da? Kaffee und Kuchen. Valerijs Mutter stattet uns mit kleinen Erinnerungsgeschenken aus. Spät gehen wir schlafen und legen uns in unsere Hobby hinter dem Garten. Wir haben eine ruhige Nacht.
Zum Frühstück gibt es eine Teigtaschensuppe, die soll beim Fahren Glück bringen. Ich löffle sie zur Hälfte aus, ich kann nicht mehr. Gott sei Dank legt Valerij bei seiner Mutter ein für mich erlösendes Wort ein. Trotzdem hält sie dicke Menschen für gut und gemütlich. „Na ja, aber meine Knochen?“ meine ich. „Ich soll doch abnehmen….“
Wir diskutieren über unser letztes Reiseziel: Tschernobyl. Den Reaktor wollte ich aus der Nähe sehen. Nur kurz, ich will doch nicht dort Urlaub machen. Aber man blockt ab. Es sei mit Genehmigungen usw. verbunden, die man nicht von heute auf morgen bekommt. Ich weiß aber von Swetlana, das Thema will man in der Ukraine nicht so richtig angehen.
Dann kommt der Abschied. Alle vor das Gartenhaus und ein Erinnerungsfoto.
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