Nach 300 km erreichen wir Kiew, die Hauptstadt der Ukraine. Kiew hat 2,9 Mio. Einwohner und ist eine der schönsten Städte der Welt. Das wollten wir uns am nächsten Tag anschauen.
Heute fahren wir schnurstracks zu dem Campingplatz, der in einem bewachten Park integriert ist. Wir sind wieder alleine. Geparkt wird auf einer betonierten Fläche. Es sind ein Baumarkt-Swimmingpool und ein Dixi- Klo vorhanden. Einfach, aber alles sauber und bewacht.
Es ist sehr heiß, endlich Pause im Schatten. Denkste. Unser Organisationstalent Valerij hat seinen Vater, der in Kiew wohnt, heute noch zu einer Stadtrundfahrt verdonnert. Meine Frau, Swetlana und ich fahren natürlich mit.
Bilder ohne Kommentar ….
Bei der Rückkehr schenkt mir Valerijs Vater noch einen Bildband von Kiew. Eigentlich wollte ich ihm etwas Gutes tun. Er hat dankend abgelehnt. Brav nehme ich an; denn ich habe irgendwo gelesen, die Ukrainer sind sonst etwas gekränkt.
Es war kein Restaurant in der Nähe, besser gesagt, wir waren zu faul, noch wohin zu fahren. Es gibt selbst gemachte Gulaschssuppe aus Gläsern. Lecker!
Am nächsten Morgen wollten wir nach Kirowograd. Valerij wohnt dort. Wir fahren Richtung Uman. Valerij muss Geld abheben, meine Frau und Swetlana gehen einstweilen in einem kleinen Magazin (= Tante Emma Laden) einkaufen. Ich bewache die „Maschina“.
Plötzlich kommen zwei junge Kerle, schimpfen lautstark, hier wäre Hotelparkplatz. Ich sehe mich um. Ein nicht gerade schickes Hotel ist zwar da, aber auf ca. 20 Parkplätzen kein einziges Auto. Was soll der Terror? Sie merken, dass ich nicht darauf eingehe und fragen auf einmal nach dem Weg. Mich….? Ich zucke mit den Achseln. Inzwischen sind Swetlana und meine Frau zurück. Ich sehe nur noch einen, der vor der Kühlerhaube auf einmal einen Geldbeutel findet. Während er ihn mir zeigt, deutet er mir mit dem Finger auf dem Mund an, ich solle nichts verraten. Ich frage meine Frau und er zeigt ihr den Geldbeutel. Der ist zwar schwarz wie ihrer, jedoch prall mit Scheinen oder „Blüten“ gefüllt. Geistesgegenwärtig verneint sie, so viel Geld habe sie nicht und es ist nicht ihrer. Swetlana wird unruhig und ruft Valerij an. Der „Geldbeutelbesitzer“ bemerkt, dass sie Ukrainerin ist und alles versteht; auch das, was vorher beide besprochen haben. Plötzlich will er wissen, wohin wir fahren. Sie lügt und sagt spontan „nach Odessa“. Dorthin geht es an der nächsten Kreuzung gerade aus. Wir wollen aber links ab nach Kirowograd. Stolz ist sie, weil sie geblufft hat. Trotzdem ist der Kerl wütend, bedroht sie und sagt, wir kämen hier nicht lebend raus. Ich verstehe nichts, sie sagt das so. Nach ein paar Minuten kommt Valerij. Swetlana erzählt ihm den Vorfall. Er geht nicht näher darauf ein und wir fahren nicht geradeaus, sondern links ab auf die E 50 nach Kirowograd. Noch heute weiß ich nicht genau was das sollte, habe aber gelesen, die behaupten dann, da wäre mehr drin gewesen und wir hätten gestohlen.
Zu allem Übel passiert da auch noch ein Malheur. Kaum haben wir uns von dem Schreck erholt, ertönt plötzlich ein dumpfer Knall. Was war das? Im ersten Moment wussten wir nicht was los war. Also alle Schränke usw. geöffnet. Im Kühlschrank dann das Chaos: Ich habe bei einem Metzger neben der Gulaschsuppe auch selbst gekochten Gulasch in Dosen eingekauft. Extra für Valerij, weil er bei der ersten Reise nach Krk in einem ungarischen Gasthaus am Plattensee kein Gulasch bekam. Jetzt war eine Dose Gulasch „hochgegangen“. Überall rote Soßenflecken mit Fleischeinlage. Eine Stunde haben Swetlana und meine Frau in der Hitze geputzt und alles wieder sauber bekommen.
Die Straße von Kiew nach Uman war nicht die Beste, kein Vergleich mit der von Lemberg nach Kiew. Es sollte noch schlechter werden und ich drossle die Geschwindigkeit. Meine Frau hat Schwierigkeiten mit den Bandscheiben. Teilweise sind nur noch „30“ drin. Valerij weiß das und wartet immer wieder auf uns.
Fünfundzwanzig Kilometer vor Kirowograd liegt das Dorf Velyka Vyska. Hier wohnt Nastya mit ihrer Familie. Nastya hat noch vier Geschwister und die Familie ist arm dran. Ich habe Nastya auf einem Bild von Valerij kennen gelernt und ich unterstütze sie und ihre Familie seit etwa einem halben Jahr ein wenig aus meiner Privatschatulle.
Wir halten kurz an einem Magazin an, um Gastgeschenke zu kaufen. Dann geht es weiter zu Nastya und ihrer Familie. Nastya und ich schreiben uns Briefe. Valerij übersetzt den Brief und schickt ihn mir. In einem schrieb sie, dass sie auch gerne einmal verreisen würde. Aber Mama und Papa haben kein Geld dafür. Mit Valerij besprochen, kamen wir zu dem Entschluss, wir nehmen die fünf Kinder und die Mutter ein paar Tage mit an das Schwarze Meer zum Camping. Aber dazu später mehr, wir hatten noch etwas anderes vor.
Wir fuhren zu einem Übernachtungsplatz an einen See bei Velyka Vyska, mitten in die Natur. Valerij kennt sich hier gut aus. Er hat hier in dem Dorf eine kleine Manufaktur mit ein paar Arbeitern. Valerij schlief bei der Hitze draußen. Die Nacht verlief ruhig und nur früh am Morgen weckten uns badende Kühe.
Ach ja, am Abend zuvor „ verfolgte “ uns noch ein Junge. Er wollte sich unbedingt mit uns unterhalten. Gut, dass Swetlana dabei war. Auf einmal war er verschwunden. Zurück kam er mit einem kleinen Sack voller Ostblock- Münzen. Ich gab ihm ein paar Euromünzen und auch einen 1-er und einen 2-er Euro. Er wollte den Wert wissen. „ca. 50 Hrywnja“ übermittelte Swetlana. Das war zuviel für ihn. Euro und die noch im Wert von 50 Hrywnja! Er war später unser Lotse zurück nach Velyka Vyska zu Nastya.
Valerij fuhr einstweilen nach Hause vor. Wir können noch etwas bei Nastya bleiben und später zu ihm kommen. In der Zwischenzeit hat Valerij Essen zubereitet. Er ist ein exzellenter Hobby- Koch; nicht nur Hobby- Fahrer.
Am anderen Morgen erfolgte unsere Abreise zur Krim. Die stete Hitze macht uns zu schaffen. Während der Fahrt zur Krim zeigte das Thermometer immer um die 40 Grad. Wir kaufen uns unterwegs bei einer Pause Teigtaschen mit Fleisch aus dem Steinofen. Herkunft unbekannt, einfach von der Ofenwand, schmeckt aber. Zuschauen und überlegen darf man nicht, wir haben aber keine Magenprobleme.
Kurz vor Mykolaiv wird die Straße sauschlecht. Hier ist es keine Kunst Auto zu fahren, sondern eine Kunst, den tiefen Löchern auszuweichen. Leider sieht man es auf den Bildern nicht so. Das war die schlechteste Strecke, aber im weiteren Verlauf wurde die „Teerdecke“ nach 30 km wieder etwas besser. Im Allgemeinen sind die Straßen im Süden schlechter als im Norden.
Mykolaiv hat fast 500000 Einwohner und ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Hier teilt sich die Strecke Odessa – Kiew zum einen nach Odessa, zum anderen auf die Krim. Mykolaiv lebt vom Schiffsbau. U.a. wurde hier die Schwarzmeerflotte gebaut. Wir fahren weiter in Richtung Cherson. Dann passiert das, was wir eigentlich nicht erleben wollten: ein Unfall. „Die Strecke ist frei“, denke ich noch. Dann der Stau. Aber gefahren wird überall. Die Autos kommen uns entgegen, wo es eben geht.
An dieser Stelle muss endlich etwas zur Fahrweise der Ukrainer geschrieben werden. Sie sind einfach schlicht gesagt: Kamikaze- Fahrer. Es wird rücksichtslos gefahren, auf Teufel komm raus überholt, keine Überholverbotsschilder beachtet, Grenzstreifen bei Abbiegungen und geschlossene Striche missachtet, rechts überholt und es gibt keine unübersichtlichen Kuppen oder Kurven. Fehlt noch was, oder habe ich alles aufgezählt? Ach ja, rasen tun sie auch noch. Schlechte Straßen ist kein Hindernisgrund dafür und die anderen haben ja auch Bremsen. Es ist ratsam, größte Vorsicht walten zu lassen. Auch muss vor Kuppen und Kurven genügend Abstand zum Vordermann gehalten werden. Meist will noch einer rein. Es geht nicht? Ja doch, er fährt rein. Dann wird es eng; so geschehen auch in Lemberg und Kiew.
Wir erreichen Cherson. Die Stadt hat 341.000 Einwohner und es herrscht ebenfalls der Schiffsbau vor. Cherson liegt am Beginn des Dnepr-Mündungsdelta; es sind noch 30 km bis zum Schwarzen Meer. Hier leben schon die ersten Krimtataren. Da es bald Abend ist, fahren wir durch Cherson durch. Bei der Überquerung der Dnepr-Brücke staunen wir über den großen Fluß.
Trotz der fortgeschrittenen Zeit machen wir eine Stresspause. An dieser Stelle müssen wir Valerij und seiner Frau ein großes Lob aussprechen. Ständig ist er um uns besorgt, kauft ein, schleppt Obst und Tomaten an, bringt Verpflegung, lässt uns nicht verdursten und erkundigt sich immer wieder nach unserem Wohlbefinden. Dankend bestätigen wir ihm: „es ist alles o.k.“
Apropos verdursten. Eines soll man in der Ukraine unbedingt vermeiden: Wasser aus der Leitung trinken. Wir verwenden nur Wasser aus dem Supermarkt; mit oder ohne Gaz. Unser Hund mag aber nur kohlensäurefreies, das andere ist ihm zu unruhig.
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