Nach dem Zerfall der Sowjetunion, ist es für uns nun möglich, jetzt auch in östlicher gelegene Länder zu fahren. Neugierig wie ich bin, habe ich in denn letzten Jahren bereits Litauen, Lettland und Estland erkundet. In diesem Jahr wollte ich mit dem Wohnmobil in die Ukraine. Ein guter Grund dafür war auch, dass dort unser Forumsmitglied Valerij (Tyrist Vasya) lebt. Viele Freunde des Hobby 600 kennen ihn aus dem Beitrag „Ukrainische Restauration“. Ich habe Kontakt zu ihm aufgenommen und wir haben im Mai schon gemeinsam eine Reise zur Insel Krk unternommen. Freundlich wie seine Frau Uliana und er sind, begleiteten sie uns mit der Dolmetscherin Swetlana auf der ganzen Reise durch die Ukraine. Gleich vorab, es war eine nicht alltägliche Reise in eine etwas andere Kultur und Lebensweise. Genau das war es aber, was mich reizte.
Wir fuhren über Passau, Wien und Budapest nach Kisvárda in Nordostungarn. Dort übernachteten wir auf dem Campingplatz, der ca. 23 km vor der ungarisch - ukrainischen Grenze liegt. Es sollte nach unseren Gewohnheiten für vier Wochen der letzte vernünftige Campingplatz sein.
Am anderen Morgen ging es an die Grenze in Záhony. Die Wartezeit mit Kontrolle bei den Ungarn betrug ca. 10 Minuten. Der Grenzfluss ist die Theiß. Hinter dem Fluss ist eine Haltelinie. Wir bekommen einen Laufzettel, in den wir unsere Personalien und das Kfz.- Kennzeichen eintragen. Er sollte uns bis zum Verlassen der Grenzregion begleiten. In dem nächsten Häuschen sind Passkontrolle und Zoll. Pässe, Heimtierausweis …..Hoppla, da ist ein Raubtier (kleiner Hund). Der Grenzbeamte geht zu seinem Vorgesetzten. Er ist freundlich, höflich und zuvorkommend und begleitet meine Frau zum Hauptgebäude in das Veterinärbüro. Die Tierärztin übersieht ein paar Stempel und will uns mit den Worten „nix okay, zurück Deutschland“ wegschicken. Aber sie kennt meine Frau nicht. Mit einer Beharrlichkeit blättert sie den Ausweis nochmals mit der Beamtin durch und weist mehrmals auf die deutsche Gründlichkeit hin. Missmutig haut die Ärztin nach 15 Minuten den Stempel rein. Später fiel uns ein, dass da wohl ein Scheinchen viel bewirkt hätte? Wir wissen es nicht, gehört haben wir aber schon davon. Endlich weiter zur Endkontrolle. Nur noch ein paar Meter, dann sind wir drin… denke ich. Aber nein, die Tierärztin war wahrscheinlich so durcheinander, dass sie den letzten Stempel vergaß. Zurück zur Ärztin, Stempel für den Laufzettel holen und dann war auch der Endkontrolleur zufrieden. Wir auch.
Das Prozedere hat 33 Minuten gedauert. Somit waren wir in insgesamt in 43 Minuten über der Grenze. Ich habe Berichte gelesen, in denen von weitaus längeren Wartezeiten die Rede war. Hatten wir nur Glück? Wir sind in der Ukraine. Unsere geplante Reiseroute soll uns auf rund 4000 km durch dieses Land führen.
In der Ferne sehe ich an einer Tankstelle einen Hobby 600 stehen. Valerij steht dort zur Begrüßung mit dem Präsidenten des Caravan- Club UA. Den Präsidenten haben wir auch schon vor drei Wochen in Kroatien kennen gelernt. Damals glaubte er mir nicht, dass ich bald zu Valerij komme. Umso herzlicher war die Begrüßung. Wir tankten (1 l Diesel für 98 Cent), wechselten Geld und fuhren ein paar Kilometer weiter an ein Rasthaus. Dort erzählte mir der Präsident, die Caravanbewegung in der Ukraine sei noch in den Kinderschuhen. Es gibt dort seines Wissens ungefähr 100 Wohnmobile und etwa 250 Wohnwagen. Sie kennen sich fast alle. Ein Hobby 600 sei ihm aber nur von Valerij her bekannt. Die Campingplätze sind in der Ukraine sehr rar und nicht nach unserem westlichen Niveau. Wir sollten es erfahren. Neugierig ist er auch auf meinen Bericht, den ich jetzt hier schreibe. Ich sage ihm zu, dass ich mit allen Vor- und Nachteilen, so wie ich es erlebe, über sein Land berichten werde.
Ach ja, die Währung in der Ukraine nennt sich Hrywnja (gesprochen Grina). Der 100. Teil einer Hrywnja heißt Kopijka. Falls ich Preisangaben mache, teilt es durch zehn und Ihr habt ungefähr den Betrag in Euro.
Valerij treibt zur Eile an. Er will heute noch über die Karpaten nach Lemberg. Vorher wollen wir aber noch die Burg Palanok in Mukatschewe besichtigen. Wir fahren den kleinen Hügel hoch. Die Auffahrt war steil und im Burghof ist es eng. Valerij muss im engen Burghof umdrehen, dann kommt auch noch Gegenverkehr. Nach heftiger Diskussion sieht der andere Fahrer ein, dass Valerijs Wagen rückwärts zu schwer ist. Er lässt sein Auto nur 25 m (!) zurück in eine freie Parkbucht rollen. Ich gleich hinterher, nicht dass noch einer kommt. In einer Aussprache wäre ich der Verlierer.
Nach der Burgbesichtigung fahren wir durch Mukatschewe weiter in die Karpaten über den Kamm in Richtung Lemberg. Eigentlich bin ich bis jetzt (mit Ausnahme in der Stadt Mukatschewe) mit dem Straßenzustand zufrieden. Aber urplötzlich ein Knall; ein tiefes Schlagloch hat mich gefunden. Kaputt ist Gott sei Dank nichts. Bei uns daheim, so meine ich, wäre hier längst eine Umleitung.
Ich gewöhne mir an, größeren Abstand zu Valerij zu halten. Die Reaktionszeit ist in solch einem Fall zum Ausweichen besser. Es sollte sich auszahlen. Leider ist es trotzdem während der weiteren Reise noch dreimal passiert.
Valerij hat Hunger. Alle haben Hunger. Wir essen in einem Karpatenhotel kurz vor Lemberg. Die Gästezahl hält sich in Grenzen. Valerij erklärt, hier ist Skigebiet und im Winter mehr los. Ich denke eher, das Hotel ist für Normalbürger nicht erschwinglich. Es ist ein gehobenes Hotel, das Essen schmeckt, die Bedienung ist freundlich und ich übernehme die Gastgeberrolle. Ich bezahle ca. 350 Hrywnja für sechs Personen mit Getränke. Wenn ich hier in dem Bericht Zahlen nenne, betrachtet dies bitte nicht als Angabe, sondern Ihr wollt doch wissen, was das alles dort so kostet.
Wir fahren weiter nach Lemberg. Nach rund 280 km haben wir unser Tagesziel erreicht. Die erste Nacht in der Ukraine schlafen wir auf dem Hippodrom mit Hotel gegenüber dem EM- Stadion. Es kostet 200 Hrywnja pro Auto. Anscheinend haben die hier noch nicht bemerkt, dass die EM vorbei ist. Wir sind auf dem Platz alleine. Aber er ist bewacht und sicher. Die Toiletten mit Dusche sind neu und sehr sauber.
Am nächsten Morgen weckt uns Valerij recht zeitig. Wir wollen in Lemberg eine Stadtrundfahrt machen. Er meint, die Pferde auf der nahe gelegenen Rennbahn trainierten schon seit 5:00 Uhr. Das ist mir doch egal und gehört habe ich auch nichts. So gut war mein Schlaf.
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