Am nächsten Tag wollen wir den Hafen und die bekannte Schwarzmeerflotte besichtigen. Aber der Reihe nach: Die Flotte liegt im ukrainischen Hafen Sewastopol. Seit dem Zerfall der UdSSR ist sie für horrende Pacht immer noch hier. Man spricht von 100 Millionen Dollar jährlich, sowie enormen Preisnachlässen beim Erdgaskauf für die Ukraine. Der Vertrag läuft bis 2042. Deswegen schwimmt auch Sewastopol für hiesige Verhältnisse im Geld, was sich natürlich in der Stadt zeigt. Leider haben sie wie fast überall die Straßen vergessen.
Valerij ruft ein Taxi an und handelt wie immer die Preise aus. Das ist unbedingt nötig, sonst kann es bis zum Dreifachen kosten. Wir zahlen für die Hinfahrt mit 15 Minuten Extra- Stadtrundfahrt 60 Hrywnja; zurück 37 Hrywnja.
Nach einem Gewitter regnet es heute und das nicht wenig. Wir suchen uns trotzdem ein Hafentaxi. Das erste, das Valerij findet, hat einen zu hohen Einstieg ohne Festhaltemöglichkeit. „Nein, nein, Valerij ….. ich habe keine Lust darauf, mit meinen eh’ schon ramponierten Gehwerk hier im Krankenhaus zu landen.“ Aber wie Valerij ist, er gibt nicht auf, rennt im Hafen umher und findet einen alten Kasten. Es klappt mit der Hafenrundfahrt.
Im Hintergrund Camping – Stapel – Stühle. Darüber werde ich noch schreiben … Die Hafenrundfahrt ist wieder ohne Kommentar. Ich kenne die Namen der Schiffe bis auf eines, das Flaggschiff Raketenkreuzer Moskva, nicht.
Wir starten und es beginnt stark zu regnen. Eigentlich bei der Hitze eine willkommene Wohltat. Der Wind frischt auf und der Wellengang ist für dieses Boot erheblich. Jetzt müssen wir hier durch, meint er zu Swetlana. Sie ist kreidebleich, aber tapfer. Hier war früher absolutes Sperrgebiet. Unser Skipper zeigt uns viele Schiffe der Schwarzmeerflotte. Zum Teil sehr verbeult und verrostet; Hauptsache, sie schwimmen noch. Dann das Flagschiff. Kaum zu glauben, dass so ein paar Rohre eine solche Bedrohung bedeuteten. Von einem Hospitalschiff erzählt uns der Skipper, dass die Operationstische auf Öl liegen. Das soll bei Wellengang saubere Schnitte ermöglichen. Welch eine Beruhigung. Natürlich führt uns unsere Rundfahrt auch durch den ukrainischen Teil , der bei Bedarf mit Netzen verschlossen werden kann. Unterwegs gesteht Swetlana meiner Frau, dass sie schlecht schwimmen könne. Seekrank? Swetlana …. Nein. Kaum an Land, wird sie wieder frech.
Da Seeluft bekanntlich Hunger macht, gingen wir gleich im Hafen etwas essen. Das war exklusiv und teuer. Aber wir wollten nicht erst groß suchen und das Taxi kam hierher. Nach dem Essen ging es zurück zum Campingplatz. Unterwegs sahen wir noch einen Tapeziertisch mit gebrauchten Militärkappen der Schwarzmeer- Flotte, das Stück zu 100 Hrywnja. Da musste ich zwei haben.
Am nächsten Tag verlassen wir Sewastopol wieder, wir wollen uns mit Nil in Mykolaiv treffen. Nastya’s Familie kommt zum Campen.
Die Krimberge werden kleiner, die Krimsteppe beginnt wieder. Es ist wie bei der Anreise eine eintönige Reise. Eine Abwechslung bietet nur Simferopol. Hier hätten wir nicht den Umgehungsschildern folgen sollen. Valerij ist der Meinung, durch die Stadt wäre die Straße besser gewesen. Er fährt hier nie wieder. Die Bettelei hält sich eigentlich in Grenzen, vielleicht weil wir zu viel gefahren sind. Das kleine Rohr vor den Hütten ist die Gasleitung, sie ist im ländlichen überall so verlegt.
Die Hitze ist enorm, also Rast. Es gibt wieder Samsa (Teigtaschen) von Krimtataren im Ofen zubereitet. Das Schwarze Meer zeigt sich tümpelartig zum letzten Mal.
Valerij und ich müssen die Versorgung sicherstellen, gerechnet wird mit einer Art Abakus (Rechenbrett). Meine Frau zweifelt, ob die das kann, einfach ein paar Kugeln hin und her und fertig ist die Rechnung.
Es geht weiter und ich sehe ca. 50 Meter vor mir eine riesige Staubwolke, Bremslichter, ein LKW stoppt. Ihm ist am Zugwagen der Hinterreifen zerplatzt. Die Arbeit möchte ich jetzt bei der Hitze nicht haben. Ein riesiges Feld taucht auf und wir machen einfach am Straßenrand wieder hitzefrei. Ich stehe vor Sonnenblumen bis zum Horizont.
Auch die Krim geht einmal zu Ende, das Thermometer zeigt um 18 Uhr noch ca. 40 Grad. Die Damen erholen sich am Krimkanal. Hier fahren keine Schiffe. Er dient der Zuleitung für das Brauchwasser der Krim. Auf der Krim herrscht Trinkwassermangel, also wird in Cherson vom riesigen Dnepr einfach Wasser gestohlen und auf die Krim geschickt. So einfach geht das….
Kurz vor unserem Übernachtungsplatz an einem Hotel winkt jemand am Straßenrand in einem kleinen Wäldchen mit offener Motorhaube. Wir halten nicht.
Unser Hotel mit Reparaturwerkstatt ist diesmal offen und wir bleiben da. Auf der Hinreise hatten sie Ruhetag, deshalb die Übernachtung in Armyansk neben der Hotelmauer.
Beim Abendessen gesellt sich ein Österreicher zu uns. Er kommt aus Kärnten angeradelt und will zu einem Open-Air-Festival nach Sevastopol. Er fährt mit einem Rennrad und hat das Zelt und alles andere auf dem Rücken. „ So käme er schneller voran“, erklärt er. Der hat Humor. Ich hätte eher einen Anhänger ans Rad gebaut. Ununterbrochen schimpft er auf die Schlaglöcher und die PKW- und LKW- Fahrer. Die würden dauernd versuchen, ihn in den Straßengraben zu drängen. Humpelnd und mit einer Blase am Fuß geht er in früh zu Bett. „Wan i des scho zahl“ schmunzelt er. Wir jedenfalls wünschen gute Reise. Am anderen Morgen sehe ich ihn tatsächlich mit dem Rucksack auf dem Rücken strampeln. Lange schaue ich ihm nach und bewundere ihn irgendwie.
Zurück am Hobby habe ich dann mit dem Handy probehalber in Deutschland angerufen, was ich aber bestimmt nicht mehr mache. 6,02 Euro haben 1:27 Minuten gekostet. Die billigere Variante ist eine ukrainische Karte zu kaufen, aber wen soll ich anrufen?
Die Nacht verlief wieder ruhig. Wir starten Richtung Mykolaiv, denn wir wollen dort Nil, den Leiter der Royal- Ranger Gruppe von Kirowograd, treffen. Ich habe Nastya und Ihrer Familie doch versprochen, sie einige Tage nach Odessa zum Campen mitzunehmen. Dadurch, dass Nil mit dem „Omnibus “ kommt, sparen wir uns 360 Kilometer schlechte Straße. Der „Omnibus“ ist ein Lieferwagen nur mit Ladefläche. Die Sitze für sechs Personen sind einfache Plastik-Gartenstühle in weiß. Auf der Rückfahrt werden die Stühle, so wie bei der Hafenrundfahrt gesehen, gestapelt. Das spart Platz. Das Auto ist sogleich Lieferwagen wie auch „Omnibus“. Eine tolle Lösung. In Deutschland steht darauf „Tod durch den Strang“.
Aber nichts desto trotz, sie sind da und warten auf uns. Was für ein Hallo! Wir verteilen die Familie auf unsere Wohnmobile und fahren nach Odessa. Die Straße dorthin ist neu geteert und gut. Welch eine Erholung für den Hobby und die Besatzung.
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